» Band II - Leseprobe Kapitel 1
Prolog - Kapitel 1 (unredigiert)
Zwei Wochen räumten die Elfen schon das Schlachtfeld auf, verbrannten Leichen und Reste, befreiten die Steppe von herumliegenden Waffen. Seit dem fulminanten Ende der Schlacht schlief Arkon einen tiefen Schlaf. Er war in sich zusammengesunken, nachdem er die Magie der sieben Grochs zu Gänze abgezogen und in die Reihen der Feinde geschleudert hatte. Es war ein gigantischer Feuersturm gewesen, der über die Armee der Kurr gekommen war. Ein magisches Inferno, das nur wenige Kämpfer überlebt haben. Arkon hatte zuerst die feindlichen Magier vernichtet, dann deren Feldherrn und schließlich den Rest der Armee. Azlem war staunend neben ihm gestanden und hatte die Grochs behütet. Er war selbst Beherrscher und er hatte auch schon andere Magier kämpfen gesehen, doch nur einer hatte mit vergleichbarer Macht unter den Feinden gewütet: Hangarth von Hech
Heute steht Azlem wieder am Bett von Arkon. Er streichelt dem Bonobono über den Kopf, der seit zwei Wochen mit Arkon auf dem Bett liegt und ihn nicht aus den Augen lässt.
»Na, Bobo. Er wird wieder. Wir brauchen nur Geduld. Ihm fehlt nichts, aber ich kann ihn nicht gewaltsam wecken. Er muss wieder zu uns kommen wollen, dann wird er erwachen.«
Der kleine Affe blickt wissend zu Azlem und kratzt sich mit der rechten Hand am linken Ohr. Azlem seufzt und dreht sich zum Fenster durch das ein Gesicht erkennbar ist. Serella steht dort, um sich wie jeden Tag nach Arkons Befinden zu erkundigen. Seit drei Tagen bleibt sie aber vor dem Fenster stehen und kommt nicht mehr in die Hütte. Azlem vermutet, dass sie das zu traurig macht, denn er hat sie schon lange nicht mehr lächeln gesehen.
Ein Knistern lässt ihn zusammenzucken. Azlems Blick richtet sich auf das Bett. Bobo liegt gemütlich auf Arkons Beinen, die sich nicht bewegen. Azlem mustert Arkon von oben nach unten, als ein lautes Knacken von einem der Bettpfosten ertönt. Azlem wandert um das Bett, den Blick auf den Bettrahmen gerichtet. Vor dem Fenster versucht Serella mehr von dem zu sehen, was Azlem da tut. Kurz entschlossen rennt sie zur Tür und tritt ein. Ein Fauchen empfängt sie, das von den Flammen stammt, die um Arkons Bett herum lodern. Serella entfährt ein spitzer Schrei und sie blickt hilflos zu Azlem, der vom Bett zurückgetreten war.
Mit einem lauten Einatmen hebt sich Arkons Oberkörper. Sein Blick klärt sich nur langsam. In dem Moment, in dem er die Flammen wahrnimmt, ersterben sie. Sein Gesicht ist blass und eingefallen, doch seine Augen glitzern freundlich, als er Serella und Azlem erkennt. Er gähnt herzlich und streckt die Arme nach oben, dann lächelt er.
»Wie lange habe ich geschlafen? Wo sind die Kurr? Haben wir gewonnen? Wann bekomme ich etwas zu essen?«
Serella und Azlem schauen zu Arkon, dann sehen sie sich gegenseitig an, dann blicken sie wieder zu Arkon. Serella prustet zuerst, dann fällt auch Azlem in ihr Lachen mit ein. Arkon blickt die beiden abwechselnd an und wartet lächelnd, bis sie wieder zu Luft gekommen sind.
»Was habt ihr beiden? Sehe ich so lustig aus?«
Serella stürzt sich auf ihn und umarmt ihn. Azlem kommt ebenfalls ans Bett.
»Nein, Arkon, du siehst nicht besonders lustig aus, eher etwas abgemagert. Wir habe nur gelacht, da du nach langem Schlaf sofort wieder mit so vielen Fragen auf uns eingestürmt bist. Ja, so wie Arkon halt ist.« Azlem macht eine kurze Pause und fährt fort. »Zu deinen Fragen ist zu sagen, dass du zwei Wochen geschlafen hast, die Kurr geflohen sind, wir diese Schlacht gewonnen haben und du sofort etwas zu essen bekommen wirst.«
Kurz darauf sitzen mit ihnen noch Eonara, Jamal und S'Sori am reich gedeckten Tisch. Die Gespräche decken die Ereignisse der Schlacht und der letzten Tage ab, während Arkon ohne Unterlass Speisen in sich hineinschaufelt. Vor einer Woche war ein Kurier aus Hech angekommen, der die Nachricht brachte, dass die Kurr die Belagerung der Burg gelockert hätten. Die Nachricht des Sieges über die Armee der Kurr am großen Wald hatte überall in Quest zu Aufständen gegen die Kurr geführt. Um die Städte nicht zu verlieren, haben die Kurr daher Teile der Belagerungstruppen abgezogen und zurück in die wichtigen Städte beordert. Durch diesen Umstand konnte aber die vollständige Belagerung der Burg Hech nicht mehr aufrecht erhalten werden. Arkons Sieg in dieser einen Schlacht hatte also Auswirkungen auf alle anderen Gebiete des besetzten Landes gehabt. Quest hat eine Verschnaufpause bekommen. Nun gilt es diese zu nutzen, um die Kurr ganz aus dem Land zu vertreiben. Doch dafür würde man eine kampfstarke Armee benötigen. Quest aber hat nur noch ein paar hundert Krieger in Hech.
»Quest. Quest. Ich kann es nicht mehr hören. Was können wir denn tun? Nichts.«
»Du hast ja recht, ein Einzelner kann wenig erreichen, aber wenn alle mitmachen und es zu einer Bewegung des Volkes kommt, dann …«
»Ich muss meine Eltern finden. Und Lehte.«
Bei der Erwähnung der kleinen Lehte spürte Arkon einen Druck am Herzen. Er hatte lange nicht an sie gedacht. Zuviel ist passiert, zuviel musste er an andere Dinge denken. Doch jetzt ist die Zeit gekommen, wieder seiner Liebsten zu gedenken. Serella schaut ihn abschätzend an. Sie spürt, dass Lehte mehr als nur eine Sandkistenfreundin für Arkon ist. In ihr regt sich ein Gefühl des Neides und so senkt sie den Blick um sich nichts anmerken zu lassen. Die kommende Zeit würde sie jedenfalls Arkon immer begleiten und so bei ihm sein. Niemand konnte sie davon abhalten.
»Arkon, denke bitte an deine Bestimmung.«, meint Azlem.
»Welche Bestimmung? Ich weiß nichts von einer Bestimmung.«
»Du bist der Auserwählte. Du trägst Sisfin. Du hast die Prophezeiung gesehen: Brauchst du noch mehr Beweise? Dann frage die Pente Orakel.«
»Die fünf Orakel?«
Azlem nickt langsam und schaut Arkon dabei direkt in die Augen. Arkons trotziger Blick wird weicher und Azlem sieht dort eine Träne, die sich langsam in Arkons rechtem Auge bildet.
»Es ist Mist, ein Auserwählter zu sein.«
Mit diesen Worten steht Arkon auf und verlässt die Hütte. Er braucht jetzt frische Luft und ein paar Schritte freien Auslauf. Hinter sich hört er schnelle Schritte und dann schleicht sich Serellas Hand in seine.
© A. Lindermeir
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